ADHS bei Kindern - Was Eltern wissen sollten

Wenn ein Kind unaufmerksam, impulsiv oder besonders lebhaft ist, fragen sich viele Eltern, ob es sich dabei noch um normales kindliches Verhalten oder um Anzeichen einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt. ADHS ist eine der häufigsten Diagnosen im Kindesalter und kann den Alltag von Kindern und ihren Familien erheblich beeinflussen. Doch was bedeutet ADHS genau? Wie erkennen Eltern erste Anzeichen? Und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
In diesem Artikel werden die wichtigsten Fragen rund um ADHS bei Kindern beantwortet. Ziel ist es, Eltern fundierte Informationen an die Hand zu geben, die ihnen helfen, ihr Kind besser zu verstehen und gezielt zu unterstützen.
#1 Was ist ADHS
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich durch anhaltende Schwierigkeiten in den Bereichen Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Hyperaktivität zeigt. Die Symptome treten oft schon vor dem sechsten Lebensjahr auf und begleiten viele Betroffene ins Jugend- und Erwachsenenalter.
Kinder mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, neigen zu impulsivem Verhalten und zeigen einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Diese Verhaltensweisen sind nicht einfach nur schlechte Angewohnheiten oder Folge einer nachlässigen Erziehung, sondern beruhen auf einer veränderten Informationsverarbeitung im Gehirn.
ADHS ist von gelegentlicher Unruhe oder Unaufmerksamkeit zu unterscheiden. Jedes Kind ist manchmal unkonzentriert oder impulsiv, aber bei ADHS treten diese Schwierigkeiten jedoch konstant und in mehreren Lebensbereichen (z. B. Schule, Familie, Freizeit) auf und führen zu deutlichen Beeinträchtigungen.
#2 Woran erkenne ich ob mein Kind ADHS hat?
Kinder mit ADHS zeigen typischerweise Symptome in drei Hauptbereichen:
Unaufmerksamkeit:
- Schwierigkeiten, sich über längere Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren
- Häufige Flüchtigkeitsfehler in Hausaufgaben oder Klassenarbeiten
- Leichte Ablenkbarkeit durch äußere Reize
- Probleme, Anweisungen vollständig zu befolgen
- Häufiges Vergessen oder Verlieren von Schulsachen, Spielzeug oder Alltagsgegenständen
- Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren
Hyperaktivität:
- Ständiges Zappeln oder Wippen mit Händen und Füßen
- Probleme im Klassenzimmer oder in anderen Situationen, in denen ruhiges Sitzenbleiben erwartet wird, am Platz zu bleiben
- Umherlaufen oder übermäßiges Herumklettern in sozial unpassenden Situationen
- Häufig unnötig lautes Spielen und Schwierigkeiten, sich ruhig mit Freizeitbeschäftigungen zu befassen
Impulsivität:
- Hineinrufen in den Unterricht oder Unterbrechen anderer beim Sprechen
- Schwierigkeiten, abzuwarten (z. B. in einer Schlange)
- Unüberlegtes Handeln ohne Berücksichtigung der Folgen
- Starke Gefühlsschwankungen und niedrige Frustrationstoleranz
Nicht alle Kinder mit ADHS zeigen alle Symptome in gleichem Maße. Es gibt verschiedene Formen von ADHS:
- Vorwiegend unaufmerksamer Typ („Träumer-Kinder“)
- Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ
- Gemischter Typ (kombinierte Form)
#3 Wie wird ADHS diagnostiziert?
Die Diagnose von ADHS erfolgt durch einen spezialisierten Facharzt (Kinder- und Jugendpsychiater) oder Psychologen. Eine sorgfältige Abklärung ist wichtig, da ADHS-Symptome mit anderen Problemen verwechselt werden können, z. B. Hochbegabung, Autismus, Angststörungen oder Depressionen.
Die Diagnostik umfasst mehrere Schritte:
Detaillierte Anamnese:
- Gespräch mit Eltern über Entwicklung, Verhalten und schulische Leistungen
- Fragen zu typischen ADHS-Symptomen und möglichen Auffälligkeiten
Fragebögen für Eltern, Lehrer und ggf. das Kind:
- Standardisierte Tests helfen, ADHS-Symptome objektiv zu erfassen
- Lehrkräfte können wertvolle Beobachtungen zur Konzentration und zum Sozialverhalten beitragen
Klinische Beobachtung:
- Der Arzt/Psychologe beobachtet das Kind im Gespräch und bei Aufgabenstellungen
- Es wird geprüft, ob typische ADHS-Merkmale auch in der Untersuchungssituation sichtbar werden
Ausschluss anderer Ursachen:
- Tests zur Abklärung von Seh- und Hörstörungen
- Untersuchung auf emotionale Belastungen oder neurologische Erkrankungen
ADHS sollte nicht vorschnell diagnostiziert werden, da eine Fehldiagnose unnötige Belastungen für Kind und Eltern mit sich bringen kann
#4 Was sind die Ursachen von ADHS?
ADHS ist eine biologische Störung und kein Ergebnis von Erziehungsfehlern oder Folge eines falschen Lebensstils. Die Hauptursachen sind:
Genetische Faktoren
Studien zeigen, dass ADHS eine starke erbliche Komponente hat. Wenn ein Elternteil ADHS hat, liegt das Risiko für das Kind bei etwa 30–50 %. Oft gibt es in der Familie mehrere Personen mit ähnlichen Schwierigkeiten.
Veränderungen im Gehirn
Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zeigen, dass bei ADHS bestimmte Gehirnbereiche anders arbeiten. Besonders betroffen sind:
- Der präfrontale Kortex, der für Impulskontrolle und Aufmerksamkeit verantwortlich ist
- Das Belohnungssystem, das Dopamin verarbeitet (Menschen mit ADHS haben oft ein vermindertes Dopaminlevel, was zu Problemen mit Motivation und Selbstregulation führt)
Umweltfaktoren
Bestimmte Umweltfaktoren können das Risiko für ADHS erhöhen, z. B.:
- Frühgeburt oder sehr niedriges Geburtsgewicht
- Rauchen, Alkohol oder Drogenkonsum in der Schwangerschaft
- Stark belastende frühe Kindheitserfahrungen (z. B. Traumata)
#5 Wie kann ADHS behandelt werden?
ADHS lässt sich nicht „heilen“, aber gut behandeln. Die Therapie sollte individuell an das Kind angepasst werden und umfasst oft mehrere Bausteine:
Psychoedukation – Eltern und Kind lernen, ADHS besser zu verstehen
Verhaltenstherapie – Strategien zur besseren Impulskontrolle und Selbstorganisation
Medikamentöse Behandlung – Medikamente wie Methylphenidat können helfen, die Symptome zu lindern
Schulische Unterstützung – Anpassungen im Unterricht
Die Wahl der Behandlung hängt von der Schwere der Symptome und der Lebenssituation des Kindes ab.